Neue Arbeitswelten – Die Innovationskraft des Betriebsverfassungsgesetzes
2014
62
2
February
51- 57
collective agreement ; labour relations ; labour law ; labour market
Human rights
German
"Schon Sinzheimer setzte auf korporatives Wollen durch Räte anstelle privatwirtschaftlichen Wollens. Der Beitrag belegt mit Beispielen, dass dieser Gedanke auch heute zutrifft. So hat die wechselseitige Beeinflussung von betrieblicher Praxis und Judikatur den Arbeitsschutz gestärkt. Dies gilt allerdings nur, solange nicht durch tarifdispositives Arbeitsschutzrecht das Kräfteverhältnis zwischen AG- und AN-Seite zu Lasten der AN verschoben wird. Insbes. die im Arbeitszeitrecht zu Lasten der AN eröffneten kollektivrechtlichen Abweichungsmöglichkeiten müssen am Maßstab der grundrechtlichen Schutzpflichten gemessen und korrigiert werden. Relevant sind die mit der neuen Arbeitswelt verbundenen psychischen Belastungen. Manche Vorgaben der eur. Sozialpartnervereinbarung zum »work related stress« sind ein weißer Fleck im betrieblichen Arbeitsschutz. Unverzichtbar dazu ist eine konkretisierende Rechtsverordnung. Das SGB III fordert unternehmerische Mitverantwortung für die allgemeine Arbeitsmarktentwicklung. Hier müssen die Betriebspartner aufmerksam die Interessen der Belegschaft ausloten und agieren. Über gemeinsam vereinbarte Kurzarbeit konnte die Konjunkturkrise in der Produktion gut überdauert werden. Nach der Entscheidung des BAG von 1999 ist es gelungen, »wilde«, gegen die Bestandskraft von TV gerichtete Dezentralisierung durch kontrollierte Dezentralisierung auf tariflicher Grundlage einzufangen. Aber nach wie vor verdrängt atypische Beschäftigung Normalbeschäftigung. Politisch gesteuerte Fehlanreize zum Lohndumping lassen sich einfach belegen. Zugleich besteht ein betriebsverfassungsrechtliches Innovationspotential, Flexibilität und soziale Absicherung zusammenzuführen. Bei Umgehung von AN-Schutzrecht durch Scheinlösungen müssen BR ebenso wie Prüfdienste und letztlich auch Gerichte ihre Verantwortung wahrnehmen. Im Übrigen muss über eine Erstreckung von AN-Schutzrecht auf Selbständige, jedenfalls auf arbeitnehmerähnliche Personen nachgedacht werden. Wie schon Sinzheimer festgestellt hat, hat soziales Recht prinzipiell Staatseingriffe nötig."
Paper
The ETUI is co-funded by the European Union. Views and opinions expressed are however those of the author(s) only and do not necessarily reflect those of the European Union or the ETUI.