By browsing this website, you acknowledge the use of a simple identification cookie. It is not used for anything other than keeping track of your session from page to page. OK
1

Wann stellen Streiks außergewöhnliche Umstände dar?

Bookmarks
Article

Dorssemont, Filip

Arbeit und Recht

2021

69

12

December

494-498

EU Regulation ; strike ; consumer protection ; airline

Law

German

Bibliogr.

"Wann stellen Streiks außergewöhnliche Umstände dar, die auch dann nicht hätten vermieden werden können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären

Die VO (EG) Nr. 261/2004 schützt Kunden von Fluggesellschaften, denen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert wird oder deren Flüge annulliert oder verspätet sind. Grundlage des Schutzes ist ein Wahlrecht, das Fluggästen, denen die Beförderung verweigert wird, zwischen einer Erstattung des Flugscheins oder einer anderweitigen Beförderung eingeräumt wird. Die VO sieht auch das Recht auf angemessene Betreuung vor, während man auf einen späteren Flug wartet. Dieses Recht umfasst Erfrischungen, Mahlzeiten und erforderlichenfalls Unterbringung und Beförderung zur Unterkunft. Darüber hinaus werden den Fluggästen kostenlos 2 Telefongespräche, Telex- oder Faxnachrichten oder E-Mails angeboten.
Unter bestimmten Bedingungen können diese Fluggäste mit einer Entschädigung für die erlittenen Unannehmlichkeiten rechnen. Die VO sieht eine pauschale Ausgleichsregelung vor, die sich an der Anzahl der zurückgelegten km des ursprünglichen Linienfluges orientiert. Im Gegensatz zu dem Recht auf Erstattung und dem Recht auf Betreuung kennt dieser Ausgleichsanspruch eine Ausnahme: wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die Annullierung durch außergewöhnliche Umstände verursacht wurde, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Unweigerlich kommt die Frage auf, inwieweit Streiks, die zu Verspätungen und Annullierungen führen, ein Beispiel für solche außergewöhnlichen Umstände darstellen können und ob das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass tatsächlich alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden. Diese Frage ist in der bisherigen Rspr. nur einmal aufgetaucht. In Fall (Krüsemann u. a.) hatte der Gerichtshof entschieden, dass das spontane Fernbleiben eines erheblichen Teils des Flugpersonals aufgrund eines »wilden Streiks«, der auf die überraschende Ankündigung einer Umstrukturierung durch ein Luftfahrtunternehmen zurückzuführen ist, nachdem ein Aufruf nicht von den Personalvertretern des Unternehmens, sondern spontan von den AN selbst, die sich krankschreiben ließen, ergangen war, keinen solchen außergewöhnlichen Umstand darstellt.
In einer älteren Rechtssache (Organisationen Danske Slagterier) ging es um die Frage, ob ein Streik, der den Transportsektor betraf und ein Hindernis für die Ausfuhr von in einem anderen Sektor hergestelltem gepökelten Fleisch vor Ablauf einer Ausfuhrlizenz sein konnte, als höhere Gewalt iSd. VO Nr. 3183/80 der Kommission angesehen werden kann. In der Rs. Airhelp nimmt der EuGH auf diesen Fall Bezug und vertritt die Auffassung, dass die in der VO (EG) Nr. 261/2004 beschriebene Situation einen solchen Fall von höherer Gewalt darstellt. Vor allem unterstreicht der EuGH die Grundlagen des Streikrechts nach Art. 28 GRC auch im Flugsektor, die dann auch von drittbetroffenen Unternehmen akzeptiert werden müssen.

Filip Dorssemont: When do strikes constitute extraordinary circumstances which could not have been avoided, even if all reasonable measures had been

The Regulation (EC) No 261/2004 protects airline customers who are denied boarding against their will, or whose flights are cancelled or delayed. The basis of the protection is a choice which is given to passengers denied boarding between a reimbursement of the tickets or rerouting. The Regulation also provides a right to be adequately cared for while awaiting a later flight. This right will entail refreshments, meals and if necessary accommodation and transport to accommodation. In addition, passengers shall be offered free of charge two telephone calls, telex or fax messages, or e-mails.
Under certain conditions, these passengers can count on compensation for the inconvenience suffered. The regulation provides for a flat-rate compensation scheme based on the number of kilometers travelled on the initial scheduled flight. Contrary to the right to reimbursement and the right to care, this right to compensation is subject to an exception. Where the air carrier can prove that the cancellation is caused by extraordinary circumstances which could not have been avoided, even if all reasonable measures had been taken.
Inevitably, the question arises to what extent strikes provoking delays and cancellations can constitute an example of such extraordinary circumstances and whether the air carrier can demonstrate that all reasonable measures had indeed been taken. The question whether a strike could constitute such an extraordinary circumstance has formerly popped up only once in previous case law. In a German case, Krusemann and others, the Court had already ruled that the spontaneous absence of a significant part of the flight crew staff due to »wildcat strikes« which stems from the surprise announcement by an operating air carrier of a restructuring of the undertaking, following a call echoed not by the staff representatives of the company but spontaneously by the workers themselves who placed themselves on sick leave did not constitute such an extraordinary circumstances.
An older case (Organisationen Danske Slagterier) related to the question whether a strike which affected the tranport sector and could be an obstacle to an export of a cured meat another in another sector prior to the expiry of an export licence could be seen as a force majeure in the meaning of Commission Regulation No 3183/80. Since the Court refers to this case in Airhelp, it holds the opinion that the situation described in the Regulation (EC) No 261/2004 constitutes such case of force majeure. Above all, the ECJ underlines the fundamentals of the right to strike under Art. 28 GRC also in the airline sector, which must then also be accepted by third party companies."

Digital



Bookmarks