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Steigende Schutzdefizite im Arbeitsrecht?

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Article

Däubler, Wolfgang

Industrielle Beziehungen. Zeitschrift für Arbeit, Organisation und Management

2016

23

2

236-247

Internet ; labour law ; precarious employment ; self employment ; outsourcing ; temporary work agency ; digitalisation

Germany

Human rights

German

Bibliogr.

"Der Einsatz von „Fremdbelegschaften“ hat wenig mit wachsender Vernetzung von Unternehmen zu tun. Die rechtliche Entkoppelung von arbeitsvertraglicher Beziehung und Arbeitsort wirft Probleme auf, die sich bei den einzelnen Gruppen der Fremdbelegschaften unterschiedlich stellen. Leiharbeitnehmer haben neben ihrer Vertragsbeziehung zum Verleiher zahlreiche arbeitsrechtliche Rechte und Pflichten zum Entleiher, die sich unter dem Leitbegriff eines partiellen Arbeitsverhältnisses zusammenfassen lassen. Ihre faktische Schlechterstellung gegenüber Stammbeschäftigten hängt mit gesetzlich zugelassenen Billigtarifen und einer isolierten Arbeitssituation zusammen, die eine gemeinsame Interessenvertretung erschwert. Bei der zweiten Gruppe – den aufgrund Werk- oder Dienstvertrags in den Betrieb Kommenden – lassen sich die rechtlichen Probleme gleichfalls bewältigen, die die Nichtzugehörigkeit zur „eigentlichen“ Belegschaft mit sich bringt. Ihre schlechtere Lage hängt damit zusammen, dass sie im besten Falle den Tarifen einer „Billig-Branche“ unterliegen, meist aber zu jenen 42 % der Beschäftigten gehören, die nicht mehr durch Tarifverträge geschützt sind. Bei den Soloselbständigen als der dritten Gruppe muss man unterscheiden. Wer sein Einkommen im Wesentlichen vom Einsatzbetrieb bezieht, wird als arbeitnehmerähnliche Person qualifiziert und kann sich deshalb auf bestimmte arbeitsrechtliche Normen wie das Bundesurlaubsgesetz berufen, bleibt andererseits aber vom Kündigungsschutzgesetz und von der Betriebsverfassung ausgeschlossen. Tarifverträge sind möglich, aber faktisch nicht durchsetzbar. Liegt wegen Fehlens eines beherrschenden Auftraggebers keine Arbeitnehmerähnlichkeit vor, kann sich der Betroffene nur auf zivilrechtliche Schutznormen berufen, die zwar eine intensive Vertragsinhaltskontrolle, aber keinerlei Bestandsschutz gewähren. Hinter dem Begriff der Crowdworker als vierter Gruppe verbergen sich sehr unterschiedliche Rechtsbeziehungen; soweit für ausländische Plattformen gearbeitet wird, ist selbst der zivilrechtliche Schutz in Frage gestellt. Im Vergleich dazu sind die Probleme jener Beschäftigten, deren Arbeit von einem anderen Konzernunternehmen als dem Vertragsarbeitgeber gesteuert wird, von relativ geringer Dimension. Ein einheitliches „Modell“ für den Umgang mit Fremdbelegschaften kann es nicht geben; die unbestreitbaren Schutzdefizite haben ihre Ursachen nicht in den Schwierigkeiten der „Ankoppelung“ an den Einsatzbetrieb, sondern in der Stellung der Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt. "

Digital



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